Die Vorteile der Eigenverwaltung
Die Insolvenzordnung eröffnet die Möglichkeit, ein Insolvenzverfahren zu betreiben, ohne dass ein Insolvenzverwalter bestellt wird. In der Eigenverwaltung behält die Geschäftsführung die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis. Dies bedeutet, dass die Geschäftsleitung nicht – wie in einem Regelinsolvenzverfahren – entmündigt wird. Die Geschäftsführung bestimmt weiterhin die Geschicke der Gesellschaft und damit auch die Sanierung mittels eines Insolvenzplanverfahrens.
Die Eigenverwaltung hat gegenüber der Regelinsolvenz erhebliche Vorteile:
Ein eigenverwaltetes Insolvenzverfahren wird von den Geschäftspartnern und außenstehenden Dritten nicht als klassisches – auf Zerschlagung ausgerichtetes - Insolvenzverfahren verstanden. Vielmehr wird die Eigenverwaltung im Bewusstsein Außenstehender stark mit „Sanierung“ und „Neustart“ verbunden.
Das Know-how der Entscheidungsträger bleibt im Unternehmen erhalten und wird nicht wie in den meisten Regelinsolvenzverfahren durch einen Insolvenzverwalter und seinen Beraterstab abgelöst.
Die Transaktionskosten der Insolvenz sind durchschnittlich 40 % geringer als in einem Regelinsolvenzverfahren. Dies bedeutet, dass eine höhere Summe zur Verteilung an die Gläubiger zur Verfügung steht. Dadurch steigen die Erfolgsaussichten der Sanierung.
Die absonderungsberechtigten Gläubiger subventionieren über Zwangsabgaben (Kostenbeiträge) die Insolvenzverfahren. Pauschal sind 9 % der Verwertungserlöse an die Masse zu zahlen. In der Eigenverwaltung minimiert sich dieser Betrag erheblich, da Kostenbeiträge für die Feststellung des Absonderungsrechtes nicht gefordert werden können. Bei den Kostenbeiträgen für die Verwertung ist eine Reduzierung auf die tatsächlich aufgelaufenen Verwertungskosten festgeschrieben. Die absonderungsberechtigten Gläubiger erzielen deshalb höhere Erlöse als in einer Regelinsolvenz, dies bietet Anreize eine Eigenverwaltung und damit die Sanierung zu unterstützen.
In der Eigenverwaltung wird statt eines Insolvenzverwalters ein Sachwalter bestellt. Der Sachwalter hat – im Gegensatz zu einem Insolvenzverwalter – nur überwachende Funktion. Er hat darauf zu achten, dass die Eigenverwaltung nicht zu Nachteilen für die Gläubiger führt.
Vorläufige Eigenverwaltung
Durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmungen (ESUG) ist eine Lücke in der Gesetzessystematik geschlossen worden und die „vorläufige Eigenverwaltung“ ist jetzt gesetzlich verankert.
Nach altem Recht konnte eine Eigenverwaltung erst mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens angeordnet werden. Dies bedeutete, dass in der vorläufigen Insolvenz, d.h. im Zeitraum zwischen dem Insolvenzantrag bis zur Eröffnung des Verfahrens, ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt war, der faktisch die Geschäfte führte. Dies war kontraproduktiv, da sich die Verkehrskreise auf den vorläufigen Insolvenzverwalter einstellten und die positiven Effekte einer Eigenverwaltung erst verspätet zum Tragen kamen.
Durch die Gesetzesänderung besteht nunmehr auch die Möglichkeit, im Rahmen der Insolvenzeröffnungsphase bereits mit der Antragstellung eine vorläufige Eigenverwaltung zu erlangen. Damit greifen die Vorteile der Eigenverwaltung unmittelbar mit dem Insolvenzantrag. Statt eines vorläufigen Insolvenzverwalters wird ein vorläufiger Sachwalter bestellt. Dieser hat eine ausschließlich überwachende Funktion.
Bei Anordnung eines Schutzschirmverfahrens erfolgt automatisch die Festsetzung der vorläufigen Eigenverwaltung durch das Gericht.